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Lothars Reiseberichte

Island, Spitzbergen und Norwegen

Dieser Bericht enthält den ersten Teil unserer Reise nach Island und Spitzbergen. In Teil 2 beschreibe ich die Fortsetzung der Reise in Norwegen. Dass Spitzbergen auch zu Norwegen gehört, ist mir natürlich bewusst.

Corona ist daran schuld, dass wir diese Kreuzfahrt machen mussten. Wir können auch nichts dafür, dass wir diese Reise auf dem aus dem Fernsehen bekannten Traumschiff Amadea machen mussten.
Ok, ok! Spaß beiseite!
Ursprünglich hatten wir für den Sommer 2020 unsere allererste Kreuzfahrt gebucht, eine Woche durch die norwegischen Fjorde. Diese Reise fiel wegen Corona ins Wasser. Wir buchten dann um auf eine Reise im Sommer 2021. Damals dachten alle, Corona sei bis dahin erledigt. War es aber nicht. Auch diese Reise wurde wegen Corona abgesagt.
Aller guten Dinge sind drei und so buchten wir erneut um für Juli 2022. Es bot sich eine 18-tägige Reise nach Island und Norwegen an, die unter anderem Spitzbergen, das Nordkap, die Lofoten und den Geirangerjford anlaufen sollte.
Dass diese Reise nun zufällig mit dem Traumschiff durchgeführt wurde, dafür konnten wir ja nichts. Wir nahmen es gerne auf uns.
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Bremerhaven

Um garantiert pünktlich bei der Einschiffung zu sein, fuhren wir einen Tag früher nach Bremerhaven. In Zeiten, in denen endlose Staus auf den Autobahnen und unpünktliche Züge diese Garantie infrage stellen, entschieden wir uns für eine entspannte Anreise mit dem Auto einen Tag früher und eine ruhige Übernachtung vor Ort. Den für das Einschiffen erforderlichen Corona-Schnelltest konnten wir sogar noch am Abreisetag zu Hause vornehmen; danach 15 Minuten Angstschweiß, dass er negativ ist, inbegriffen.
Weitere Corona-Infos dieser Reise habe ich am Ende des Berichts beschrieben. Ist ja mittlerweile nicht mehr so wichtig.

Im B&B Hotel in Bremerhaven haben wir kontaktlos per APP eingecheckt. Am Abend unternahmen wir noch einen Spaziergang in die nahe gelegenen Havenwelten bei typischem norddeutschen Sommerwetter. Irgendjemand hatte nämlich kalten Sturm bestellt, der uns von der Nordsee kommend fast die Haare vom Kopf blies und die angeblichen 15 Grad fühlten sich an wie 5 Grad am Nordkap.

Die MS Amadea ist ein verhältnismäßig kleines Kreuzfahrtschiff. Es bietet Platz für bis zu 570 Passagiere. Für ist genau richtig für uns. Wir scheuen die großen Pötte, auf denen mehrere Tausend Passagiere wie in - wenn auch vielleicht komfortablen - Wohnburgen großer Metropolen hausen. Auch auf Partyschiffe verzichten wir gerne. Das Schiff hat zwei Restaurants. Da wir uns von unseren Neuseelandreisen an die Enge von Wohnmobilen gewöhnt hatten, kam uns unsere 17-Quadratmeter Kabine auf dem Schiff wie eine kleine Luxusvilla vor. Die Bordsprache ist Deutsch.
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Einschiffung

Die Einschiffung sollte um 15 Uhr beginnen. Die Überbrückung der Zeit nach dem Auschecken im Hotel zog sich etwas in die Länge. Havenwelten mit seinen vielen Möglichkeiten besichtigen, Aussichtspunkte besteigen (ATLANTIC Hotel Sail City), in der Fußgängerzone flanieren. Bremerhaven bietet ja einiges. Auf jeden Fall fühlten wir uns wohler, am Abreisetag vor Ort zu sein.

Mein altes Navi kannte zwar die Adresse des Parkplatzes, den wir gebucht hatten, lotste uns aber trotzdem einen halben Kilometer daran vorbei. Das Ziel Hafenpark fanden wir dann eher zufällig. Wir waren nicht die Einzigen, die vor lauter Container und Lastwagen die Einfahrt übersahen.

Danach war alles ganz einfach. Auto und Gepäck wurden uns abgenommen. Es wusste zwar niemand so genau, wann der erste Shuttle losfahren sollte, doch gegen 13 Uhr war es soweit. Nach gut 20 Minuten Fahrzeit erreichten wir das Kreuzfahrtterminal. Es war trotz der frühen Zeit schon gut besucht. Alle Stühle und andere Sitzgelegenheiten waren schon besetzt. Einen Zugang zum Café gab es nicht. Sollten wir uns jetzt etwa eineinhalb Stunden mit Mundschutz im Gesicht die Beine in den Bauch stehen?

Weil wir gelangweilt vorne am Absperrband standen, bekamen wir zufällig mit, dass das Einchecken schon ab 14 Uhr losgehen sollte. Und dann wurde auch noch zufällig bei uns das Absperrband als erstes entfernt und wir herangewunken, um zum Check-in zu gehen. Die neidischen Blicke der in der anderen langen Schlange stehenden Goldkunden erreichten uns nicht mehr.

Routiniert, aber sehr freundlich wurden wir von den Reiseleitern empfangen und durch das Labyrinth Ticketkontrolle – Ausweiskontrolle – Covit-19 Impfstatuskontrolle - zum eigentlichen Check-in geleitet. Zur Belohnung hielten wir kurze Zeit später den Bordausweis, natürlich mit unserem Webcam - Gesicht in den Händen, der uns den weiteren Weg auf das Schiff freimachte.
Uns erstaunt immer wieder, wie schnell Ausweise im Scheckkartenformat mit allen möglichen elektronisch lesbaren Zugangsdaten und Sicherheitsmerkmalen von manchen privaten Firmen angefertigt werden können.

Gut gelaunt erreichten wir den Bordfotografen, der uns vor einer Großleinwand des Schiffes postierte und abknipste. Fotografiert wurden wir natürlich ohne Mundschutz. Gleich danach wurde der Begrüßungssekt ausgeschenkt. Auf dem anschließenden Weg in das Innere des Schiffes begrüßten uns Kapitän Elmar Mühlebach und Kreuzfahrtdirektor Steffen Spiegel persönlich. Ein Stewart nahm uns an die Hand und führte uns zu unserer Kabine.

Um die Koffer brauchten wir uns nicht zu kümmern, die wurden wie von Geisterhand zur Kabinentür gebracht. Nachdem wir unsere Kabine inspiziert hatten, nutzten wir bei 16 Grad warmer lauer Luft auf dem Promenadendeck die sonnigen Aussichten auf die Weser, das Kreuzfahrtterminal und den dahinter liegenden Hafenbereich. Bei Kaffee, Kuchen und angebotenen Schnittchen vertrieben wir uns die Zeit bis zum Ablegen.

Bevor ein Passagierschiff ablegt, ist weltweit eine Sicherheitsübung obligatorisch. Die Signaltöne riefen dazu auf, uns mit den Schwimmwesten in der Hand zu unserer Rettungsboot - Station zu begeben. Wo man hin muss, steht auf einem Hinweisschild an der Kabinentür. Reiseleiter Bernd gab uns an Deck Tipps für die Abnahmeprozedur durch den Kapitän. Dabei wurde uns das erste Mal eröffnet, dass das Ablegen nicht wie geplant um 18 Uhr, sondern wetterbedingt erst um 20 Uhr stattfinden würde. Das war uns eigentlich egal. Hauptsache, wir sind auf dem Schiff und die Reise wird nicht noch einmal abgesagt. Nach der Sicherheitsübung freuten wir uns auf das Abendessen, denn wir hatten noch nicht so viel im Magen.
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Es geht (nicht) los

Jetzt kann es endlich nach zweimal wegen Corona verschobenen Kreuzfahrten losgehen. Das war gestern gar nicht so sicher. Denn wir mussten erst noch nervös den Coronatest bis zum negativen Ergebnis vor der Einschiffung bestehen. Doch jetzt sind wir auf dem Schiff, jetzt geht es los.

Denkste!!

Das Schiff legte nicht planmäßig um 18 Uhr ab, auch nicht um 20 Uhr, sondern das soll erst morgen um 16 Uhr geschehen! Die Durchsage des Kapitäns war ernüchternd. Nein, der Grund lag diesmal nicht an diesem verfluchten Coronavirus, sondern jetzt spielte uns das Wetter und damit verbunden schwere See einen Streich. Würden wir planmäßig losfahren, gerieten wir zwischen den Färöer Inseln und Island übermorgen in ein Orkantief mit 8 Meter hohen Wellen.

Den morgigen Tag sollten wir also in Bremerhaven verbringen. Noch ein Tag Bremerhaven! Jedoch ersparte uns der Kapitän das zweifelhafte Erlebnis einer (un)lustigen Seefahrt, welche wir ein Jahr zuvor auf der Nordsee mit der Artania hatten. Nein! Nicht noch einmal mit den Spucktüten im Bett liegen! Der Zeitverlust von 24 Stunden würde durch den Nichtbesuch von Gundafjord in Island eingespart werden.
Wir hatten dort glücklicherweise nichts geplant. Es würde also losgehen, nur 24 Stunden später.

In der Atlantik Show Lounge präsentierte sich am Abend Lena Ponge vom Amadea Show - Ensemble mit Liedern von Helene Fischer.
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Ein Tag auf der Weser

Das Reiseleiterteam hatte für diesen Tag ein Freizeitprogramm Bremerhaven aus dem Boden gestampft. Unsere Prioritäten wichen allerdings davon ab. Nach einem guten Schlaf ohne Seegang gönnten wir uns einen Tag Entspannung. Gutes Frühstück, das Schiff erkunden, relaxen auf dem Aussichtsdeck, in der Vista Lounge vorne oben, Genuß eines leckeres Mittagessens, relaxen bis zum Auslaufen um 16 Uhr mit der Traumschiff - Melodie. Und endlich verabschiedeten wir uns von Deutschland mit der Vorbeifahrt am Container Hafen auf der Weser in Richtung Nordsee.
Am Abend, vor dem Abendessen, fand der obligatorische Fototermin mit dem Kapitän und dem Kreuzfahrtdirektor statt; natürlich nur für jene, die darauf wert legten. Anschließend wurden alle Gäste zum Cocktail zum Beginn der Reise in die Atlantik Show Lounge geladen. Das Kreuzfahrt Team wurde vorgestellt und die Gäste begrüßt.

Danach stürmte die elegant gekleidete feine Gesellschaft in die Restaurants, damit sie die für sich nach einem Tag schon reservierten Tische besetzen können. Es herrscht freie Platzwahl. Jedoch drängelten sich etliche Damen älterer Jahrgänge in ihren viel zu engen Abendkleidern ohne Rücksicht auf Verluste vorbei zu ihren mit Ellenbogen ausgefahrenen Ehegatten im feinen Zwirn. Die ebenfalls elegant gekleideten Kellner mussten unmögliches leisten, um allen Gästen möglichst gleichzeitig, ohne viel Wartezeit, das Willkommens - Gala - Abendessen aus der Küche zu besorgen und zu servieren. Natürlich fanden wir auch unseren Stammplatz.

Pappsatt vom wirklich guten Dinner verteilten sich die Kreuzfahrer nach dem Dessert sogleich auf diverse abendliche Veranstaltungen. In der Atlantik Show Lounge präsentierte sich Jiri Erlebach, der als Teufelsgeiger und Entertainer sein Programm Der Himmel hängt voller Geigen präsentierte.
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2 Tage auf See

Am ersten Tag auf See genossen wir das sehr schöne Wetter auf der Nordsee ungefähr bis Schottland beziehungsweise den Orkney Inseln. Die Seestärke lag zwischen zwei und vier, das Schiff schaukelte nur wenig. Am Nachmittag kam sogar die Sonne raus.

Zur Mittagszeit wurde auf dem Außendeck am Heck ein maritimer Frühschoppen veranstaltet. Unter einer großen Auswahl sollte es auch Matjes nach Hausfrauen Art geben. Ich liebe das Gericht und würde dafür alles andere stehen und liegen lassen. Das normale Mittagessen im Restaurant ließen wir dafür ausfallen. Die Schlange zur Essensausgabe war lang. Als ich dran kam und nach dem Matjes fragte, erntete ich von der philippinischen Bedienung nur verständnislose Blicke. Es verwies mich nur auf den Matjessalat, neben einer großen Auswahl anderer Salate und Fischgerichte. Schwer enttäuscht packte ich mir irgendetwas auf meinen Teller.

Während die meisten für die angebotenen Köstlichkeiten schon auf dem viel zu kleinen und engen Deck 8 und 9 am Pool keinen Platz mehr fanden, suchten wir uns auf dem oberen Deck eine windgeschützte Ecke am Golfplatz. Nee, kein Minigolf! Golfplatz! Auch etwas weiter auf dem Sonnendeck hätten wir noch Platz gefunden. Während wir also in einer ruhigen Ecke die angenehme Seeluft in unsere Lungen einsogen, sinnierten wir über das Platzangebot dieses Traumschiffs. Wir kamen zu der Erkenntnis, dass die Artania das bessere Traumschiff für uns ist, während die Amadea vielleicht für die Filmleute die hübscheren Einstellungen für ihre Szenen bietet. Obwohl, nachdem wir beide Schiffe kennengelernt haben mussten wir bei Betrachtung der Traumschiff - Episoden feststellen, dass zwar immer die Amadea von außen gezeigt wird, doch sehr oft das Innenleben der Artania. Filmleute verkaufen halt nur Illusionen.

Bloß gut, dass wir mittags verhältnismäßig wenig gegessen hatten. Zum Nachmittagskaffee wurde ein Himmel voller Erdbeeren für die Gäste im Restaurant Vier Jahreszeiten bereitgestellt. Erdbeerkuchen und Torten, Erdbeer - Shakes und viele weitere Naschereien mit Erdbeeren verführten jedes Leckermäulchen zum Teller und Magen füllen.

Ein entspannter Tag endete in der Vista Lounge mit einem wundervollen Sonnenuntergang. Damit war erst einmal Schluss mit der ruhigen Seefahrt.

Gegen Abend wurden wir über die Lautsprecher vor unruhig werdender See gewarnt. Das Orkantief, weswegen wir einen Tag in Bremerhaven verbracht hatten, verzog sich zwar wie versprochen in Richtung Norwegen; dennoch, die Ausläufer waren noch präsent. Sobald wir den Nordatlantik unterhalb der Färöer Inseln erreichten, würde das Schiff noch durchgeschüttelt werden. Nur halt nicht so extrem, als wären wir 24 Stunden eher hier gewesen.

Die Atlantik Show Lounge verwandelte sich am Abend in den Blue Note Jazz Club.

Erholung auf See

Die Nacht wurde ungemütlich. Der Wind heulte durch alle Ritzen, die Wellen erreichten Seestärke 6 und wurden immer höher. Sie kamen von vorne links. Der Horizont verschwand mal im Meer, mal im Himmel, dabei rollte das Schiff seitwärts auf und ab. Den ganzen folgenden Tag änderte sich nichts daran. Zusätzlich gesellten sich peitschende Regenschauer dazu, sodass man sich nicht nach draußen wagte. Die vorderen Bereiche des Schiffes waren zur
Sicherheit abgesperrt. Und das war alles nur das abziehende Orkantief. Das Wackeln im Video verursachten die Schläge der Wellen gegen das Schiff. Ich hatte Mühe aufrecht stehen zu bleiben.
So verbrachten wir den Tag in der Vista Lounge, um uns das Naturschauspiel anzusehen, Vorträge hören oder mit Essen. Das Schaukeln und Rollen des Schiffes beschäftigte unsere Gleichgewichtsorgane im Tagesverlauf glücklicherweise immer weniger.

Die abendliche Unterhaltungsdarbietung mit spanischen Opern/Operetten war nicht so unser Ding. Schwankend - wegen des Seegangs! - erreichten wir Harrys Bar und entspannten uns für den Rest des Abends bei Kaltgetränken, bis wir die Bar schwankend wieder verließen.
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Island

Das Orkantief war endlich Richtung Norwegen abgezogen, es hinterließ noch eine weniger werdende raue See. Die Sonne kam heraus, so dass wir einen sehr schönen Seetag bis zum Erreichen der Westmänner Inseln, unseres ersten Ziels dieser Reise, verbrachten.

Westmänner Inseln

Die Inselgruppe der Westmänner Inseln (Vestmannaeyjar) kam am Nachmittag bei Sonnenschein und ruhiger See in Sicht. Von den 14 Vulkaninseln, die ca. 10 Kilometer vor der isländischen Südküste liegen, ist nur die größte Insel Heimaey bewohnt. Gegen 16 Uhr ging das Schiff auf Reede. Das bedeutete, dass die Tender herabgelassen wurden und das Ausbooten hinüber in die kleine Stadt Heimaey auf die gleichnamige Insel begann.

Tendern war neu für uns. Vom Promenadendeck beobachteten wir erst einmal, wie die Mitreisenden in die trotz der scheinbar ruhigen See ganz schön schaukelnden kleinen Boote gelangten. Gisela verzichtete sicherheitshalber auf das Abenteuer. Das war auch gut so, denn bei der Rückkehr schrottete unser Tender beinahe die Einstiegsrampe, weil unberechenbare Wellen das Boot wie ein Spielzeugboot auf und nieder schaukeln ließen. Dadurch wurde der Ausstieg auf die Plattform am Kreuzfahrtschiff zu einem Glücksspiel. Die Besatzung half, wo sie konnte.
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Heimaey

Den Tender verließ ich nach knapp 20-minütiger Überfahrt im Hafenbereich von Heimaey und begann neugierig meine eigene Exkursion. Ich lief kreuz und quer durch die kleine hübsche Stadt. Eigentlich wollte ich das Sea Life Trust Beluga Whale Sanctuary & Puffin Rescue Centre besuchen. Die Papageientaucher (Puffins) haben es mir angetan. In dem Centre leben einige der krank gefundenen Seevögel. Sie werden aus verschiedenen Gründen dauerhaft gepflegt. Leider schließt die Station schon um 16 Uhr, ich kam zu spät.

So streifte ich durch den Ort mit dem Ziel Eldfell - Lavafeld. Im Januar 1973 öffnete sich plötzlich die Erde. Aus einer über 1.600 Meter langen Feuerspalte des Eldfell - Vulkans wurde Vulkangestein und Asche in die Luft geschleudert. Brennende Lava begann in den Ort zu fließen. Die Lavamassen begruben viele Häuser unter sich. Vom Ort blieb nur wenig übrig. Viele Menschen verloren ihr Hab und Gut, aber nicht ihr Leben. Alle Einwohner Heimaeys konnten rechtzeitig gewarnt und evakuiert werden.

Die Stadt ist nach dem Ende der Eruptionen wieder neu aufgebaut worden und das Vulkanfeld, das die Häuser unter sich begraben hatte, ist nun ein Naturmahnmal und kann auf befestigten Wegen begangen werden. Die Natur hat sich mittlerweile Teile des Lavafeldes zurückgeholt und mit Blumenwiesen die Katastrophe von einst zugedeckt.

Gegen Abend nahmen wir Abschied von den Westmännerinseln mit Ausblick auf den Myrdalsjökull Gletscher. Die Luft war so klar, dass die gut 10 Kilometer entfernte Küste Islands zum greifen nah erschien.
Die musikalische Begleitung bei der Abfahrt präsentierte die Bordpianistin in der Vista Lounge, die sich Mühe gab, uns ABBA-Melodien an ihrem Flügel darzubieten.

Bei der Abfahrt des Schiffes spät abends machte sich bemerkbar, dass wir uns weit im Norden auf der Erdhalbkugel befanden, denn es wollte gar nicht richtig dunkel werden.
In der Atlantik Show Lounge gab der ausgebildete Musicaldarsteller Kevin Gordon Valentine Balladen und Lieder aus bekannten Musicals zum Besten.
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Reykjavik

Mit einem Tag Verspätung liefen wir am frühen Morgen in Reykjavik ein. Das Schiff machte etwas außerhalb im Containerhafen Hafnarfjörður fest.

Wir beide hatten uns zuvor entschieden, unterschiedliche Ausflüge zu unternehmen. Gisela bevorzugte die Panoramarundfahrt durch die Stadt, ich bestieg den Bus zum Gullfoss - Wasserfall und Strokkur - Geysir. Für mich hieß es deshalb um 6 Uhr in der Früh aufstehen, Frühstücken, halb acht fertigmachen zur Abfahrt.

Als ich um halb sieben im Restaurant zum Frühstücken auftauchte, hatte ich Mühe noch einen freien Platz zu ergattern. Aber das Buffet bot noch die komplette Auswahl an. Gisela, die später ihren Ausflug hatte, erschien dort, nachdem die Ersten abgefahren waren. Damit hatte die Küche wohl nicht gerechnet, denn sie fand kaum noch etwas für ihr Frühstück. Der Tee wurde ihr erst serviert, als sie bereits fertig war und gerade gehen wollte. Ihr Mittagessen sollte wegen der nach dem Essen stattfindenden Ausflüge kurz vor zwölf Uhr beginnen. Das Restaurant wusste wohl nichts davon und war geschlossen. Als es öffnete, war das Fischgericht noch nicht fertig. Das Essen kam, als die Ausflügler schon in den Bussen saßen.

Die Pannen fanden ihre Fortsetzung bei der Panoramafahrt durch Reykjavik. Von Laugadalur, dem Tal der warmen Quellen, war nicht viel zu sehen, weil Bäume den Blick auf die Landschaft verhinderten.
Vom idyllischen Ort der Residenz des isländischen Präsidenten auf der Álftanes Halbinsel war ein Genießen der herrlichen Ausblicke über Reykjavík nicht möglich, weil gerade ein Wolkenbruch herniederging.
Die Aussichtsplattform vom Kuppelgebäude, das auf sechs Heißwassertanks erbaut wurde, entfiel. Der beeindruckende Panoramablick über Stadt und Umgebung war nicht möglich, weil der Bus wegen Überfüllung keinen Parkplatz fand.
An anderen Highlights, wie die imposante Kirche Hallgrímskirkja, dem Rathaus und dem Parlamentsgebäude durfte der Bus nicht halten wegen Halteverbot.
Auf der Rückfahrt blieb der Bus im Stau stecken.
Schlimmer geht nimmer.
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Gullfoss-Wasserfall und Geysir

Nationalpark Thingvellir

Mit meinem Ausflug hatte ich etwas mehr Glück. Der Bus nahm auf gut ausgebauten Hauptstraßen zügig Fahrt auf. Unser Fremdenführer, ein pensionierter isländischer Deutschlehrer, erklärte uns humorvoll seine Heimat. Nach einer guten Stunde Fahrzeit, vorbei an vielen Geothermalfeldern, die Island autonom mit Energie versorgen, erreichten wir das erste Ziel an diesem Tag im Nationalpark Thingvellir, den Parkplatz am gleichnamigen Visitor Center. Von hier unternahmen wir einen knapp einstündigen Spaziergang, vorbei an historischen und geologisch interessanten Stätten mit vielen wundervollen Aussichten. Am Ende wartete der Bus schon für den nächsten Abschnitt.

In diesem Gebiet versammelten sich vor mehr als 1.000 Jahren die isländischen Häuptlinge zu einer Generalversammlung, um die erste freien Republik der Welt, den Staat Island, zu gründen. Sie traten dort bis 1798 zusammen. Die von Vulkanfelsen und mit Wasser gefüllten Erdspalten umgebene Gerichts- und Parlamentsstätte wird von den Isländern noch heute hoch geschätzt und ist geschütztes Nationalheiligtum. Dort, wo einst die Häuptlinge Islands über die Geschicke ihres Landes beraten haben, befindet sich heute noch die Sommer-Residenz des Premier-Ministers Islands, auf der auch Staatsgäste empfangen werden.

Neben der historischen Bedeutung ist der Nationalpark auch bekannt für seine geologischen Formationen. Hier trifft nämlich die amerikanische auf die eurasische Kontinentalplatte. Viele der durch Erdbeben geöffneten Gräben zwischen den beiden Kontinentalplatten sind mit Wasser gefüllt. Andere sind tiefe Schluchten, die sich jedes Jahr ein paar Zentimeter auseinander bewegen. Der amerikanische Kontinent entfernt sich also vom europäischen. Wer will, der könnte auch in die mit Wasser gefüllte Erdspalte abtauchen und beide Kontinente mit den Händen berühren.
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Strokkur-Geysir

Nach einer guten Stunde erreichten wir das Gebiet der Großen Geysire. Das Ziel für uns, zusammen mit vielen anderen Touristen, war der aktive Strokkur - Geysir, den wir vom Busparkplatz nach einem kleinen Spaziergang, vorbei an heißen und blubbernden Thermalquellen, erreichten. Der Geysir schleudert regelmäßig alle 5 bis 7 Minuten seine meterhohe Wassersäule in die Luft. Ringsherum kann man auf Wanderwegen weitere kleinere Geysire und Thermalquellen besuchen, die jedoch mehr unregelmäßig arbeiten.

Weil es auf dem Schiff wohl wegen Corona eine temporäre Verknappung von Personal gab, begleitete uns neben dem isländischen Fremdenführer der Bordpfarrer als Reiseführer auf dieser Tour. Die Trolle und Elfen Islands schienen jedoch Einfluss auf seine Leitung genommen zu haben, denn der bei der Ankunft verkündete strenge Zeitplan ließ nur den Besuch der Geysire im Schnelldurchgang und der Toiletten zu. Stöbern im benachbarten Souvenirshop war nicht eingeplant. Bei der Rückkehr hatten sich dann Mitreisende aufgelehnt, die unbedingt hier noch ihre Lunchboxen vertilgen wollten. Dafür wäre allerdings das nächste nur wenige Minuten entfernte Ziel geeigneter gewesen.
Lunchboxen gab es diesmal nur als Ausnahme, weil wir eigentlich gestern hätten hier sein sollen mit einem Mittagessen im Gullfoss Panorama Restaurant. Das wiederum hätte auch nicht jedem gefallen, weil es dort voll und laut zu ging.
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Gullfoss-Wasserfall

Nachdem die Lunchboxen wegen der knappen Zeit halbwegs vertilgt worden waren, nahm der Bus die kurze Weiterfahrt zum Gullfoss Wasserfall auf. Wir parkten auf dem oberen Parkplatz und bekamen eine knappe Stunde Zeit für den Rest der Lunchbox und natürlich für den Wasserfall. Imposant und sehenswert rauschen die Fluten, gespeist aus dem weiter nördlich in der Landschaft sichtbaren Gletscher Langjökull die Schluchten hinunter. Man kann oberhalb des Flusses und des Wasserfalls auf gut ausgebauten Wegen flanieren und von mehreren Aussichtsplattformen das Naturschauspiel verfolgen. Man kann aber auch die über 100 Treppenstufen direkt zum Wasser hinuntersteigen und sich die Gischt ins Gesicht sprühen lassen. Das Wasser verschwindet dann in einer tiefen Schlucht. Es ist wirklich einer der schönsten Wasserfälle, die ich bisher besucht habe.

Die gut 2-stündige Rückfahrt zum Hafen Hafnarfjörður in Reykjavik zog sich in die Länge. Isländer auf dem Land haben kein Fahrrad, sie besitzen ein Pferd - oder Pony. Deshalb gibt es neben der Straße anstelle von Radwegen Pferdepisten. Ursprünglich gab es auf Island keine Bäume. Umweltschützer begannen um Reykjavik herum Bäume direkt neben den Straßen zu pflanzen. Die nahmen nach dem Anwachsen allerdings die Sicht auf das schöne Land. Glücklicherweise waren sie lernfähig und pflanzten die Bäume dann abseits der Straßen, sodass immer ein weiter Blick auf die schöne Landschaft gewährleistet ist.

Unglücklicherweise zogen nun wieder dicke Wolken auf, die sich oft wolkenbruchartig auf uns ergossen. Deshalb wurde auch auf Fotostopps der manchmal sehr schönen Ausblicke auf die Landschaft verzichtet. Der isländische Reiseführer wusste die Zeit mit vielen netten Geschichten, Legenden und Anekdoten zu verkürzen. Eine ist mir noch in Erinnerung geblieben.

Island ist ein Land, das dem verborgenen Volk, den Elfen und Trollen gehört. Menschen sind von ihnen nur geduldet. Sie müssen auch von ausgewählten Menschen, die Kontakt zu den Elfen herstellen können, diese um Rat fragen, wenn man zum Beispiel neue Straßen bauen möchte. Nein, das ist kein Witz, das ist eine wahre Begebenheit. Weil ignorante Straßenplaner nicht fragen ließen und eine Straße geradeaus durch eine Landschaft bauen wollten in der Elfen wohnen, stockte der Bau. Die Baumaschinen funktionierten an dieser Stelle nicht. Auch neu herbei geschaffte Ersatzmaschinen versagten ihren Dienst. Es musste eine Umgehungsstraße geplant werden, um das Elfengebiet herum. Und siehe da, die Straßenbaumaschinen funktionierten wieder.
Das hat sich wirklich so zugetragen. Soll sogar in der -Isländischen- Zeitung gestanden haben.

Der Abend fand noch ein versöhnliches Ende mit dem einmaligen Auftritt des Zauberkünstlers Kalibo in der Atlantik Show Lounge. Wir staunten nicht schlecht über sein zauberhaft künstlerisches Repertoire. Unter anderem ließ er mich innerhalb von vier Minuten um 40 Jahre altern. Nach der Show war ich aber wieder der alte - glaube ich ... .

Noch eine Anmerkung: Selbstverständlich gibt es von Reykjavik aus noch eine Vielzahl anderer Ausflugsmöglichkeiten und Sehenswürdigkeiten. Um das alles zu sehen und zu bestaunen, braucht man aber mehr als nur einen Tag Aufenthalt in der Stadt.
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Grundarfjörður

Wegen des zu Beginn der Reise herrschenden stürmischen Atlantiks mit seinen 8 Meter hohen Wellen musste dieser Tag daran glauben, um die nachfolgenden Ziele dieser Reise pünktlich einzuhalten. Somit sind Wandertouren, Vogelsafaris, Lavafeld und Wikingerpfade, West-Island Entdeckungen und die Vulkanhöhle Vatnshellir ausgefallen.
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Akureyri

Auf dem Weg nach Akureyri passierte das Schiff an diesem Vormittag des 16. Juli die zerklüftete Nordküste Islands.

Ein eiskalter, schneidender Wind erfasste uns, als wir die Tür zum Promenadendeck öffneten. Die wilde Küste mit den schneebedeckten Gipfeln der Bergketten zog langsam an uns vorbei.

Irgendwann schwenkte das Schiff in den ca. 75 Kilometer langen Fjord mit dem Namen Eyjafjörður ein. Die wunderschöne Passage endete in Akureyri, der viertgrößten Stadt Islands.

Der Frachthafen des Ortes ist für Kreuzfahrer nicht unbedingt attraktiv. Doch wenn man sich einen recht kurzen Weg durch die Container gebahnt hat, lässt man schnell diesen Teil hinter sich und erreicht schon die ersten Häuser des Ortes.

Wir hatten keinen Ausflug geplant, stattdessen wollten wir auf eigene Faust den Ort erkunden. Nach dem Anlegen gingen wir am Nachmittag von Bord. Neben unserem Schiff lag das Kreuzfahrtschiff Queen Victoria mit englischen Kreuzfahrern am Kai. Die Befürchtung, dass die 2.000 Passagiere dieses Wohnblocks ebenfalls die Stadt geflutet hätten, zerschlug sich schnell, denn die Menschen strömten bereits wieder zurück zu ihrem bald ablegenden Dampfer.

Am Morgen bei der Anfahrt trugen wir noch zwei Pullover unter der dicken Wetterjacke und die Pudelmütze tief ins Gesicht gezogen bei gefühlten minus 2 Grad und einer kalten, sehr steifen Briese. Bei dem Spaziergang in Akureyri zeigte das Thermometer einer modernen Version einer Litfaßsäule 19 Grad. Plus, nicht Minus!! Das ist ungewöhnlich warm für diesen Ort im Sommer. So schwitzen wir schon, als wir nach knapp 800 Metern die Fußgängerzone erreichten.


In der autofreien Straße tummelten sich viele Familien mit Kindern - Einheimische, auf unserem Schiff gab es keine Kinder. Die Geschäfte und Eisdielen waren gut frequentiert. Es gibt viele Bänke zum Ausruhen und Beobachten des umherwuselnden Volkes. Eine ältere Dame nahm neben Gisela platz und begann ein nettes Gespräch mit ihr auf Englisch, nachdem Gisela das Isländisch nicht verstand. Die ältere Dame war mit ihrem Mann am Morgen aus Reykjavik für einen Ausflug hierher gekommen. Auch sie fand das kleine Städtchen genauso wie wir sehr liebenswert.
Genau solche Begegnungen mit Einheimischen machen uns manchen Urlaub so wertvoll. Es braucht nicht immer touristisch geführte Touren.

Das Auslaufen am Abend verschob sich um eine halbe Stunde, weil zwei Ausflugsbusse nicht rechtzeitig zurück kamen. Passend zum Abschied setzte beim Auslaufen heftiger Regen ein.

Der Tag war noch nicht zu Ende. Die Sonne ging nicht mehr unter, weil wir den Polarkreis überquerten. Um 21:30 Uhr begann, wie bei solchen Gelegenheiten üblich, das Spektakel der Taufe zur Polarkreisüberquerung. Einige der Reisenden hatten sich wohl zur Mittagszeit schon ihre Zuschauerplätze auf dem oberhalb des Aktionsraums liegenden Decks am Heck reserviert. Als wir eine halbe Stunde vor Beginn im Aktionsbereich auftauchten, lagen einige der Platzreservierer sogar quer über zwei bis drei Sessel ausgestreckt, um sie für besetzt zu erklären.

Die Stühle vor dem eigentlichen Aktionsbereich ein Deck tiefer, standen dann aber fluchtartig verlassen auf dem Deck, weil gerade mal wieder ein heftiger Regenschauer die Sitzgelegenheiten unter Wasser setzte. Das Volk sammelte sich dicht gedrängt unter dem Dach des darüber liegenden Decks. Fünf Minuten vor Beginn der Zeremonie begann die Besatzung in fieberhafter Eile mit Taschentüchern, Servietten, Pullovern oder Wolldecken oder was sich sonst noch so auftreiben ließ, die Stühle trocken zu wischen. Die vom Regen vertriebenen trauten sich aus der Deckung und entrissen der Putzmannschaft die halb trockenen Sitzgelegenheiten, um sich die neuerlichen freien Sitzplätze zu sichern.

Immer mehr Gäste strömten auf die schon vollen Decks und stellten sich in Ermangelung von Sitzplätzen vor die schon Sitzenden. Ein nicht gerade fröhliches "Hallo, weg da, wir sehen nichts mehr!" begleitete von allen Seiten den Beginn der Zeremonie.

Endlich begann die Show der Polartaufe mit gruseliger Musik aus den Lautsprechern und dem Auftritt der bis zur Unkenntlichkeit geschminkt und verkleideten Reiseleiter. Jener, der als Neptun auftrat, versuchte zuerst mit allen möglichen fürchterlichen Drohungen die Reisenden zu animieren, sich doch taufen zu lassen. Die in den ersten Reihen Sitzenden verließen wieder fluchtartig die Stühle, die anderen schauten völlig unbeteiligt nach oben oder zu ihren Nachbarn und pfiffen, denn niemand wollte der Erste sein, der sich Sahne in die Haare und Lebensmittelfarbe in Gesicht schmieren lassen wollte, bevor man einen großen toten Fisch küssen und sich grässlich gefärbte Getränke in den geöffneten Mund spritzen lassen musste.

Erst als sich nach zehnminütiger leerer Drohung endlich der erste Freiwillige fand, blieb den anderen Gästen nichts anderes übrig, als dem Herdentrieb zu folgen und die Prozedur über sich ergehen zu lassen. Belohnt wurde jeder mit der Taufurkunde.

Wenn wir da mitgemacht hätten, hätte ich den Ablauf dieser Zeremonie bestimmt nicht so gut beschreiben können. Nebenbei bemerkt: Egal, ob man sich hat taufen lassen oder nicht, am nächsten Tag bekam jeder eine Taufurkunde der Polarkreisüberquerung auf die Kabine.

Es sei noch erwähnt, dass nach einer Polarkreisüberquerung im Sommer kein Sonnenuntergang oder Sonnenaufgang mehr stattfindet. Der Tag endet nicht mehr.
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Nordpolarmeer

Insel Jan Mayen

Nach dem Verlassen Islands und der Überquerung des Polarkreises folgten zwei Seetage auf dem Weg nach Spitzbergen. An Seetagen kann man alles das tun, was man bisher nicht geschafft hat. Man kann seine Fotos sortieren, Wäsche waschen und bügeln, auf dem Promenadendeck flanieren oder joggen und natürlich das Meer beobachten, ob sich nicht doch ein Wal am Horizont zeigt. Selbstverständlich kann man auch an den von den Reiseleitern angebotenen vielfältigen Programmen teilnehmen.

Ein Ereignis lockte die Reisenden allerdings am ersten Abend der beiden Seetage auf die Außendecks. In der immer ruhiger werdenden Grönlandsee kam auf der Nordostpassage gegen 20 Uhr die Insel Jan Mayen in Sicht. Sie ist vulkanischen Ursprungs und unbewohnt bis auf ein paar abgeschieden forschende Wissenschaftler. Sie wird bestimmt durch den 2.277 Meter hohen, majestätisch wirkenden Vulkan mit dem Namen Beerenberg (Bärenberg), der seine Gletscherzungen bis hinein ins Meer schiebt.

Kapitän Mühlebach fuhr extra langsam und so nah wie möglich daran vorbei. Er musste wohl auch die Backbordtanks fluten, weil sich alle Passagiere auf der Steuerbordseite zum Fotografieren versammelten. Neptun - oder doch Petrus - hatte ein Einsehen mit uns und wischte während der Vorbeifahrt den Dunst und die Nebelschwaden beiseite, damit wir einen freien Blick auf diese einmalige Naturschönheit bekamen. Der Kapitän verkündete, dass er den freien Gipfel des Vulkans während seiner langen Berufsjahre auf See noch nie ohne Wolken oder Nebel gesehen hätte.

Am Abend unterhielt uns Jiri Erlebach auf seiner feurigen Violine in der Atlantik Show Lounge.

Mit ruhiger Fahrt durch die Grönlandsee ins Nordpolarmeer und Vorfreude am nächsten Tag nahm das Schiff Kurs auf Spitzbergen. Warme Pullover, winddichte Jacken und Pudelmütze gehörten ab jetzt zum täglichen Outfit. Von Deutschland hörten wir vom Hochdruckgebiet Jürgen mit 40 Grad Hitze. Wir selbst, und was wir so von den Mitreisenden hörten, waren froh darüber hier zu sein und nicht im Backofen Deutschland.

Am Abend unterhielten uns vier Jungs vom Show - Ensemble mit einer musikalischen Zeitreise durch fünf Jahrzehnte mit den größten Hits der 50er bis 90er-Jahre.
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Spitzbergen

Spitzbergen kam am frühen Morgen in Sicht. Schaut man sich die nördlichste Inselgruppe Norwegens einmal auf dem Globus an, kommt man ins Staunen, wie abgelegen Spitzbergen vom Rest Europas ist und wie nahe dran am Nordpol. Es sind nur noch gut 1.400 Kilometer bis dort hin.
Wer allerdings auf Treibeis oder gefährliche Eisberge im arktischen Eismeer gehofft hatte, wurde enttäuscht. Sogar die den Fjord begrenzenden Berge präsentierten sich bei der Einfahrt in den über 100 Kilometer langen Isfjord im tristen braun oder grau. Schneereste blitzten nur hin und wieder von weiter entfernt liegenden, höheren Berggipfeln auf.

Billefjord

Langsam fuhr das Schiff an der größten Stadt Longyearbyen vorbei, in der immerhin gut 2.000 Menschen leben. Wir werden erst später hier anlegen. Das Schiff passierte eine von früheren Gletschermassen geschliffene Bergkette, die an einer Stelle wie Pyramiden aussehen, bevor es sich in den Billefjord schob. An seinem Ende begrenzt der gleichnamige Gletscher den Fjord.

Nach der Durchsage des Kreuzfahrtdirektors strömten alle Gäste zum Bug des Schiffs, um das imposante Schauspiel der massiven Eismassen zu bestaunen. Auch hier macht sich der Klimawandel bemerkbar, denn der Gletscher soll in früheren Jahren wesentlich mächtiger gewesen sein. Wer weiß, ob es ihn in zehn Jahren noch geben wird. Ein Beiboot wurde zu Wasser gelassen, um einen Treibeisblock für die am Abend stattfindende Bordparty einzufangen. Üblicherweise wird das gute Stück in der Bar klein gehackt und landet am Abend während der Gletscherparty in einem Glas Whisky oder Ähnlichem. Wer gute Ohren hat und ans ruhige Ende des Schiffes geht, kann das Eis im Glas knistern hören.

Longyearbyen

Nach dem guten Fang nahm das Schiff wieder Kurs auf, zurück nach Longyearbyen. Wer wollte, konnte die Strecke von der Pier bis in den ca. drei Kilometer entfernten Ort auf der wenig befahrenen Straße laufen. Für die anderen standen Shuttlebusse bereit.

Longyearbyen besteht aus einigen Wohnhäusern entlang einer Straße in die Berge und einigen Geschäften in der Fußgängerzone neben der Straße. Bargeld wird nicht akzeptiert, nur Karten, mit denen man aber auch eine Dose Cola bezahlen kann. Manch Tourist wunderte sich im Supermarkt oder in den Souvenirläden darüber, dass viele Produkte Made in Germany, Taiwan oder China sind. Globalisierung ist halt auch in Spitzbergen angekommen! Aber wer will auch schon hier eine Firma eröffnen, die zum Beispiel Eisbären als Kuscheltiere herstellt - die kommen beispielsweise aus Karlsruhe 🤔.

Ach ja, und man sollte wissen, dass es gesetzlich verboten ist hier zu sterben!
Wenn einem Einheimische mit einem Gewehr über der Schulter entgegenkommen, sollte man froh darüber sein. Gefährlich sind hier nicht die Menschen, sondern die Eisbären, die sich schon mal verlaufen könnten. Obwohl, eine Infotafel weist darauf hin, dass es im Ort ungefährlich sei. Vor den Bewaffneten braucht man in den Geschäften keine Angst zu haben, denn Hinweisschilder am Eingang verbieten das Tragen der Waffen. Die Eisbären vor und in den Geschäften sind übrigens auch harmlos!

Tempelfjord

Am Abend legte das Schiff ab, um in den nahe gelegenen Tempelfjord zu fahren und direkt vor dem Gletscher am Ende des Fjords vor Anker zu gehen.

Im Heckbereich fand am Abend - es wird nicht dunkel, man muss schon die Uhr im Blick haben - die Gletscherparty mit dem eingefangenen Gletschereis statt. Eine eigenartige mystische Stimmung machte sich breit. Die Mitternachtssonne schien durch eine leichte Hochnebeldecke mit wenigen Lücken und wurde vom bläulich schimmernden, bis ans Wasser reichenden Gletscher reflektiert. Träge trieben kleine Eisbrocken von der Gletscherkante kommend durch das braune Wasser, das vom reflektierten Sonnenlicht sogar eine leicht goldene Färbung erhielt. Die Temperatur betrug ungefähr 6 Grad plus, doch der Gletscher streckte einen eisigen Hauch in Richtung Schiff. Es ist Mitternacht und schemenhaft hell. Der Tag endet eigentlich nicht. Die Natur spielte uns eine mystische Stimmung in die Seele.

Diese Nacht verbrachten wir am jemals erreichten nördlichsten Punkt der Erde. 78 Grad 26.29 Minuten nördliche Breite, nur rund 1.440 Kilometer vom Nordpol entfernt. Auf Steward Island, der südlichsten Insel Neuseelands, waren es immerhin noch 4.750 Kilometer bis zum Südpol.

Seetag zum Nordkap


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