Als ich im Jahr 2002 diesen Reisebericht schrieb, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass
wir 22 Jahre später die gleiche Reise mit der
Ferrocarril de Sóller
- also dem Roten Blitz - noch einmal machen
würden. Genau das haben wir im Oktober 2024 getan und es nicht bereut. Und
was soll ich sagen, wir haben die Fahrt genauso genossen wie damals, nur diesmal mit
viel Wiedererkennungswert.
Nach dieser Reise habe ich die Fotos aktualisiert,
denn vor 20 Jahren steckte meine Digitalfotografie noch in den
Kinderschuhen. Den Reisebericht habe ich mit aktuellen Details ergänzt.
Auch das Drumherum dieser Reise ist moderner geworden.
Seit 1912 verbindet eine rund 27 Kilometer lange elektrifizierte Eisenbahnstrecke die Städte
Palma und Sóller auf der spanischen Insel Mallorca. Sie führt durch eine grandiose mediterrane
Landschaft vor der Kulisse des Tramuntana-Gebirges, deren Eindrücke man während der
gemächlichen Fahrt auf sich wirken lassen kann. Etwa die Hälfte der Strecke führt in
nord-nordöstlicher Richtung aus Palma heraus und folgt der leicht ansteigenden, aber flachen
Ebene in die Berge hinein. Hinter dem Ort Bunyola erklimmt sie die Berge und muss
dabei 13 Tunnel durchqueren. Auf der anderen Seite des Gebirges schwingt sich die Trasse in
einem weiten Bogen entlang des Bergmassivs hinunter ins Tal nach Sóller. Dabei bieten
sich traumhafte Ausblicke.
Wo es losgeht
Ausgangspunkt ist die Plaça d'Espanya, ein großer, belebter Platz im Zentrum von Palma.
Hier halten nicht nur die
Stadtbusse,
sondern es gibt auch zwei Bahnhöfe. Von einem, dem Estació Intermodal, fahren moderne
Züge und Fernbusse
quer über die Insel. Dieser moderne Bahnhof liegt inzwischen unter der Erde und ist bequem über
lange Rolltreppen zu erreichen.
Der andere, viel kleinere Bahnhof, der Ferrocarril de Sóller, liegt noch unverändert am Rande
der Plaça d'Espanya, etwas versteckt hinter der Cafeteria i Productes de Sóller.
Ich persönlich würde nicht mit dem Mietwagen in die Innenstadt von Palma fahren. Der Verkehr
ist ohnehin schon immens und wenn ich dann auch noch in dem Gewühl einen Parkplatz suchen und
dorthin fahren müsste ... . Der Stadtbus kostet 2 Euro pro Person und Strecke.
Auf der Webseite der Ferrocarril kann man sich über den Ticketkauf und die Ticketkombinationen
für den Zug und mit der in Sóller startenden Straßenbahn nach Puerto de Sóller schlau machen.
Möchte man das Ticket am Bahnhofsschalter kaufen, muss man früh aufstehen, damit man das Ticket
für den gewünschten Zug auch bekommt. Bitte auch an die Rückfahrt denken!
Die erste Abfahrt in Palma ist um 10:10 Uhr. Obwohl wir uns schon um 9:30 Uhr an den beiden
Fahrkartenschaltern angestellt hatten, waren die Tickets für diesen Zug schnell ausverkauft.
Praktisch und informativ sind die großen Digitalanzeigen, die über den Schaltern
hängen und die aktuell freien Plätze für die Züge anzeigen.
Es gibt keine Stehplätze.
Auch für den
nächsten Zug um 10:50 Uhr zählte die Anzeige schnell die noch verfügbaren Plätze herunter.
Aber wir hatten Glück. Sinnvoll ist es natürlich auch, das Ticket für die Rückfahrt zur
gewünschten Zeit gleich mit zu kaufen, sonst sitzt man in Sóller fest. Bei unserem Besuch
fuhr der letzte Zug um 19:40 Uhr zurück nach Palma. Tickets für die letzten Züge sind gerne
schnell ausverkauft.
Möchte man in Sóller noch mit der Straßenbahn (Tram) zum ca. 5 km entfernten Puerto de Sóller weiterfahren,
kann man auch ein Kombiticket kaufen. Preise, Fahrpläne etc. bitte der Homepage der Ferrocarril de Sóller entnehmen,
da sich Abfahrtszeiten und Preise gelegentlich ändern.
(TOP)
Die Fahrt
Die Zugfahrt von Palma nach Sóller dauert etwa eine Stunde. Für die längste Tunnelpassage
muss man mit ca. 5 Minuten rechnen. Oberhalb von Sóller hält der Zug für etwa 5 Minuten
am Mirador Pujol de'n Banya, einem Aussichtspunkt mit Bahnsteig. Der Fotostopp ist obligatorisch,
den gab es 2002 schon. Die Aussicht ist einfach phänomenal. Sóller liegt in einem Talkessel,
der vom Tramuntana-Gebirge begrenzt wird. Bei guter Sicht kann man bis zum blauen Wasser des
Mittelmeeres sehen, an dem Puerto de Sóller liegt.
Die Elektrische
Personenwagen
Die Elektrische sieht heute noch genauso aus wie im Jahr 1929, als sie zum ersten Mal
in Betrieb genommen wurde. Die Personenwagen sind gut erhalten, sehr gepflegt und sogar
mit gepolsterten Sitzbänken ausgestattet.
Etwa 30 Minuten vor der Abfahrt des Zuges öffnet das Bahnpersonal die Absperrung und der Zug
wird von den Wartenden gestürmt. Aber kein Problem, jeder bekommt einen Sitzplatz. Pünktlich
um 10:50 Uhr war unsere Abfahrt. Zunächst ging es im Schneckentempo durch die Straßen Palmas,
bevor der Zug Fahrt aufnahm, um die weite Ebene bis zu den Bergen zu passieren.
Palma Ebene
Palma Ebene
Palma Ebene
Im Frühjahr bietet sich ein überwältigender Ausblick auf eine grüne Landschaft mit Mandelbäumen,
Olivenhainen, Zitronen- und Apfelsinenplantagen. Auf saftigen grünen Grasflächen wachsen große
Teppiche von gelben Wiesenblumen, die mit blauen und roten Blumentupfern durchsetzt sind.
Der blaue Himmel und die wuchtigen immer näher kommenden Felsmassive der Tramuntana-Bergkette
machten die Fahrt zu einem unvergessenen Augenschmaus.
Aber auch im Oktober ist die Landschaft sehenswert, besonders, wenn sich die Berggipfel in den
blauen Himmel bohren und dekorative weiße Wolken dem Blau eine malerische Note verpassen. Wenn
der Zug so langsam das Gebirge erreicht, wechseln sich weiterhin schöne Aussichten mit
insgesamt 13 Tunnel ab. Die Fahrt durch den längsten Tunnel dauert ungefähr fünf Minuten.
Vor dem letzten Tunnel oben auf einem Berg angekommen, hält der Zug gut fünf Minuten an einem
Aussichtspunkt, dem Mirador d'es Pujol d'en Banya. Von hier aus bietet sich ein phantastischer
Ausblick auf das umliegende Gebirge, auf das sich öffnende Tal von Sóller und in der Ferne
dem Mittelmeer.
Fotostopp
Sóller
Panorama
Endstation
Die Fahrt hinab nach Sóller ist ein weiterer Höhepunkt dieser Reise.
Sie führt an Terrassen vorbei, auf denen gelbe Zitronen und orangene Apfelsinen an den grünen Bäumen
leuchten, die zwischendurch immer wieder den Blick auf das näher kommende Sóller
freigeben.
In einem weiten Bogen, auf dem der Zug am Berghang hinunter in den Ort rattert, wird
der Bahnhof und gleichzeitig die Endstation von Sóller erreicht.
Man muss damit rechnen, dass es nach dem Aussteigen auf dem Bahnsteig hektisch wird.
All jene, die anschließend die
Straßenbahn
nach Puerto de Sóller erreichen wollen, schieben und drücken einen voran. Auf dem Bahnhofsvorplatz wartet entweder
schon die Tram oder sie kommt gleich. Bis 14 Uhr fährt sie jede Stunde, danach alle halbe Stunde.
Die Fahrpläne der Straßenbahn und des Zuges sind aufeinander abgestimmt. Auf die angegebenen Zeiten
kann man sich verlassen.
(TOP)
Weiter nach Puerto de Sóller
In Sóller hat man mehrere Möglichkeiten, den Tag zu verbringen. Entweder man möchte Wandern,
im Ort bleiben oder mit der Tram nach Puerto de Sóller fahren. Man könnte natürlich die 5 Kilometer
dorthin auch laufen, aber diese Fahrt mit der Straßenbahn bietet ein unvergessliches Erlebnis.
Wie gesagt, die Straßenbahn fährt direkt vom Bahnhofsvorplatz weg und zwar von der Stelle, wo sich
der wartende Menschenauflauf befindet. Als wir im Herbst 2024 hier waren, fuhren in der Mittagszeit
zwei Straßenbahnen im kurzen Abstand hintereinander. Eine hatte geschlossene, die andere offene Wagen.
Auch die Zugmaschine ist mit meist offenen Fenstern ausgestattet und sieht denen
ähnlich, die vor dem Krieg in Deutschland gefahren sind. Der Klingelgurt, mit dem der Schaffner
die Abfahrtbereitschaft signalisiert, ist zwar kein Lederriemen mehr, sondern nur noch ein
Rollladenband, aber sonst scheint alles noch sehr original und vor allem sehr liebevoll gepflegt.
Straßenbahn
Straßenbahn
Sobald die Bahn an der Haltestelle vorgefahren ist, stürmen die Menschen die Wagen. Auch die
Spanier kennen hier keine Verwandten mehr. Für Familien mit kleinen Kindern empfiehlt es sich,
diese gut festzuhalten oder lieber eine spätere Verbindung zu nehmen, wenn nicht gerade ein
Zug aus Palma im Bahnhof angekommen ist. Am besten kauft man das Ticket für die Fahrt
zusammen mit dem Bahnticket in Palma.
Ächzend und quietschend schaukelt die Tram vom Bahnhofsvorplatz hinunter durch die
engen Gassen, sie fährt sogar mitten durch die Außengastronomie eines Cafés. Sie hält an ein paar
Haltestellen im Ort, bevor sie durch Jasmin duftende Gärten und Gärten, die mit
Zitronen- und Orangenbäumen bewachsen sind, bis nach Puerto de Sóller weiterfährt.
Ich glaube, in Deutschland würden neben den Gleisen Verbotsschilder stehen:
Während der Fahrt ist es verboten, Orangen oder Zitronen von den Bäumen zu pflücken.
Die Tram fährt so nah an den Früchte beladenen Bäumen vorbei, dass man die Früchte einfach
pflücken könnte.
Puerto de Sóller
Ungefähr auf halber Strecke wechselt die Schienenführung auf die Hauptstraße nach
Puerto de Sóller. Es bleibt der Blick auf die Berge, die das weite Tal umschließen.
Nach ungefähr zwanzig Minuten Fahrt erreicht die Tram die Bucht des kleinen Hafenstädtchens
und folgt ihr direkt am Ufer, welches sich in einem Halbkreis um die Bucht schwingt,
bis zur Endstation. Die Tramfahrt endet fast am Ende der Bucht in Puerto de Sóller. Die
Zugmaschine wird abgekoppelt, wechselt das Gleis und wird nach einer kurzen Zurückfahrt
wieder an den Wagen festgemacht um den Rückweg anzutreten.
(TOP)
Sóller erkunden
Sóller
Eines sollte jedem klar sein: Sobald der erste Zug aus Palma ankommt, ist der Ort voller
Besucher. Ja, ja, ich weiß, wir zwei sorgen auch noch für mehr Touristen. Der Menschenauflauf
findet in der Regel auf dem Bahnhofsvorplatz, dem Plaça d'Espanya und dem Plaça de la Constitució,
dem Platz neben der Kirche, statt. Sucht man sich hier einen Platz sollte man aufpassen, dass man seinen
Stuhl nicht auf die Straßenbahnschienen stellt; die fährt hier nämlich quer durch die
Außengastronomie. Hat schon wieder was Besonderes. In Christchurch, Neuseeland, fuhr die
Tram vor dem Erdbeben sogar durch das Café hindurch.
Folgt man kurz den Straßenbahnschienen kommt man zum Plaça des Mercat, dem städtischen Markt.
Sóller
Sant Bartomeu
Carrer de la Luna
Carrer de la Luna
An der nördlichen Ecke der Plaça de la Constitució beginnt die
Carrer de la Luna, eine Fußgängerzone und Haupteinkaufstraße.
Um der Plaça de la Constitució herum kann man durch das historische Zentrum mit seinen engen,
gepflasterten Gassen bummeln. Hier laufen nur ein paar Seelen herum. In der ein oder andern
Nebenstraße findet man dann auch mal kleine einheimische Gastronomiebetriebe.
Im Gegensatz zum Betrieb auf der Plaça de la Constitució eine Erholung.
Ich kann leider nicht erklären, warum der Zug Der Rote Blitz heißt. Er ist weder rot
angestrichen noch fährt er wie der Blitz.
Aber auch trotz dieser Wissenslücke ist die Fahrt wieder ein Erlebnis der besonderen Art gewesen.
(TOP)